PatientInnen-Netzwerk NRW

Für starke PatientInnen

Hilfsmittel

Hilfsmittel und Hilfsmittelversorgung

Hilfsmittel können helfen, Behinderungen vorzubeugen, auszugleichen und Pflegebedürftigkeit zu vermindern und dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen bzw. zu ermöglichen. Dies gilt für alle Altersgruppen gleichermaßen. Als Hilfsmittel gelten:

  • Seh- und Hörhilfen (Brillen, Hörgeräte)
  • Körperersatzstücke (Prothesen)
  • orthopädische Hilfsmittel (orthopädische Schuhe, Rollstühle)
  • Inkontinenz- und Stoma-Artikel
  • andere Hilfsmittel

Hilfsmittel können auch technische Produkte sein, die dabei helfen, Arzneimittel oder andere Therapeutika in den menschlichen Körper “einzubringen” (z. B. bestimmte Spritzen oder Inhalationsgeräte). Auf die Versorgung mit Hilfsmitteln haben Versicherte in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch (§ 33 Abs. 1, S. 1 SGB V). Zweck der Hilfsmittelversorgung ist es, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen und Behinderungen auszugleichen (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V). Als Hilfsmittel gelten dabei nur bewegliche Gegenstände. Das bedeutet, dass weder Dienstleistungen noch behindertengerechte Umbauten von Immobilien, z. B. der Einbau eines Treppenlifts, dazugehören. Allgemeine Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens (z.B. Heizdecken oder Kissen) können dem Versicherten zwar im Alltag helfen, sie gehören aber nicht in den Leistungskatalog der Krankenkasse und werden deshalb nicht bezahlt.

Einige Hilfsmittel sind von der Erstattung ausgeschlossen. Dazu gehören:

  • Hilfsmittel mit geringem oder umstrittenen therapeutischen Nutzen (z.B. Wärmflasche)
  • Hilfsmittel mit geringen Kosten (z.B. Gummihandschuhe)

Neben den Kosten für die Hilfsmittel, tragen die Krankenkassen auch Kosten für Änderungen, Wartung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie für die Schulung zum Umgang mit den Hilfsmitteln und für die Betriebskosten (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V).

Ich benötige ein Hilfsmittel. Was muss ich beachten?

Zunächst ist es wichtig, dass der Arzt Ihnen ein Rezept ausstellt. Darauf sollte möglichst detailliert und präzise beschrieben werden, welche Hilfsmittel Sie benötigen und warum. Aus dem Rezept muss unbedingt die medizinische Notwendigkeit hervorgehen. Mit der Verordnung sollten Sie sich zunächst an die Krankenkasse wenden. Ihre Krankenkasse nennt Ihnen dann einen Hilfsmittelanbieter (z.B. ein Sanitätshaus, eine Apotheke, einen Hörgeräteakustiker, etc.) mit dem sie einen Versorgungsvertrag geschlossen hat. Der Hilfsmittelanbieter hat die Aufgabe, Sie umfassend über unterschiedliche Hilfsmittelmöglichkeiten zu beraten, die von Ihrer Krankenkasse übernommen werden. Grundsätzlich gilt dabei das Wirtschaftlichkeitsgebot (§12 SGB V). Das bedeutet, dass die Versorgung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich erfolgen muss.

Entscheiden Sie sich zum Beispiel für ein teureres Hilfsmittel, das den Festbetrag der Krankenkassen übersteigt, müssen Sie die Zusatzkosten selbst tragen. Abweichend davon können Versicherte ausnahmsweise einen anderen Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht. Dadurch entstehende Mehrkosten haben die Versicherten aber selbst zu tragen (§ 33 Abs. 6 i. V. m. §§ 126 Abs. 2, 127 SGB V).

Nachdem Sie sich für ein Hilfsmittel entschieden haben, schickt der Hilfsmittelanbieter die ärztliche Verordnung und den Kostenvoranschlag für das Hilfsmittel an die Krankenkasse. Die Krankenkasse prüft dann die Verordnung. Dafür kann Sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einholen, in dem ein/e Mediziner/-in den therapeutischen Nutzen prüft. Wenn das Hilfsmittel bewilligt wurde, sollten Sie es ausreichend testen. Bei möglichen Mängeln können Sie sich an Ihre Krankenkasse oder Ihr Sanitätshaus direkt wenden.

Gemäß dem Patientenrechtegesetz müssen Krankenkassen über Anträge auf Leistungen innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang entscheiden. Ist die Stellungnahme eines Gutachters erforderlich, insbesondere des MDKs, so verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen.

Kosten für Hilfsmittel

Für Hilfsmittel, wie z.B. Gehhilfen oder Rollstühle, zahlen Sie normalerweise mindestens 5 € und maximal 10 €. In besonderen Fällen sind Sie von Zuzahlungen befreit. Anders sieht es bei der Versorgung mit einer Brille zur Korrektur der Sehschärfe aus: Dort müssen Sie die Kosten in der Regel selbst tragen. Bei für den Verbrauch bestimmten Hilfsmittel, wie zum Beispiel Windeln oder Vorlagen, müssen Sie 10 % des Abgabepreises bezahlen, maximal jedoch 10 € im Monat. Für Kinder gelten besondere Regelungen innerhalb der Hilfsmittelversorgung. So werden z.B. Sehhilfen bis zum 18. Lebensjahr übernommen. Kinder und Jugendliche sind daneben von den Zuzahlungen zu Hilfsmitteln und Medikamenten befreit.

Hilfsmittelverzeichnis

Welche Hilfsmittel verordnet werden dürfen, können Sie im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen nachschauen. Das Hilfsmittelverzeichnis umfasst alle Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung. Dazu gehören über 20.000 Hilfsmittel in 40 Produktgruppen. Alle erstattungsfähigen Hilfsmittel sind online auf der Seite des GKV-Spitzenverbandes einsehbar.

Was ist der Unterschied zu Pflegehilfsmitteln?

Pflegehilfsmitteln sind Geräte und Sachmittel, die zur häuslichen Pflege notwendig sind. Sie sollen die Pflege erleichtern und dazu beitragen, dem Pflegebedürftigen eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen (z. B. Pflegebett oder Einmalhandschuhe). Sie werden von der Pflegeversicherung erstattet. Voraussetzung ist, dass Pflegebedürftigkeit gegeben ist und sie eine Pflegestufe bewilligt bekommen haben.

Was kann ich bei einer Ablehnung der Krankenkasse tun (Widerspruch und Klageverfahren)?

Sie erhalten von der Krankenkasse einen Bescheid, in der sie Ihnen ihre Entscheidung mitteilt. Ein Antrag wird nicht in jedem Fall auch von der Krankenkasse bewilligt. Sollten Sie sich gegen einen ablehnenden Bescheid zur Wehr setzen wollen, so müssen Sie bei der Krankenkasse schriftlich (E-Mails oder Fax mit originaler Unterschrift reichen nicht aus) Widerspruch einlegen. Hierfür haben Sie einen Monat nach Zugang des Bescheides Zeit. Den Widerspruch müssen Sie nicht sofort begründen, Sie sollten jedoch darauf hinweisen, dass die Begründung (z.B. wegen einer ärztlichen oder juristischen Beratung) zu einem späteren Zeitpunkt folgen wird. Wenn Sie die Ablehnungsgründe nicht verstehen und mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, sollten Sie von Ihrem Widerspruchsrecht auch Gebrauch machen. Es ist jedoch dringend zu empfehlen, die Notwendigkeit des Hilfsmittels anhand der persönlichen Situation darzustellen und sich von einem Arzt bescheinigen zu lassen.

Über Ihren schriftlichen Widerspruch entscheidet der Widerspruchsausschuss Ihrer Krankenkasse, der Ihnen seine Entscheidung in einem Widerspruchsbescheid schriftlich mitteilt. Sofern in diesem Bescheid Ihrem Widerspruch stattgegeben wird, erhalten Sie Ihr Hilfsmittel wie beantragt. Wenn der Widerspruch abgelehnt werden sollte, können Sie innerhalb einer Monatsfrist Klage vor dem Sozialgericht einreichen. Die Klage vor dem Sozialgericht ist für gesetzlich Versicherte Patient/-innen kostenlos. Dabei empfiehlt es sich oftmals, externe Hilfe einzubeziehen (Verbraucherzentrale, Selbsthilfe-Kontaktstellen oder Sozialverbände). Privatpatienten müssen kein förmliches Widerspruchsverfahren durchlaufen, sondern können innerhalb von drei Jahren nach der ablehnenden Entscheidung Klage vor den Zivilgerichten erheben. Oft ist es jedoch sinnvoll, der privaten Pflegeversicherung ähnlich wie bei einem Widerspruch nochmals seinen Standpunkt zu erläutern und durch ärztliche Bescheinigungen zu begründen, denn auch die privaten Krankenversicherungen überprüfen ihre Entscheidung in der Regel noch einmal.

Weitere Informationen

Der Gesundheitsladen Bielefeld, die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bielefeld und der Paritätische NRW haben gemeinsam die Broschüre „Der richtige Weg zum richtigen Hilfsmittel“ herausgegeben. Sie ist online hier abrufbar.